6. Von Piraten und Sternen​

30. März 2020

Frido und Storchi spielten gerade ein Kartenspiel, da sagte Frido: „Du Storchi, irgendwie geht mir das mit dem Handspiegel nicht aus dem Kopf. Ich glaube ich hätte mich doch mehr über einen anderen Schatz gefreut.“ „Was meinst du mit einem anderen Schatz?“, fragte Storchi. „Naja, zum Beispiel Gold! Dann wären wir reich und könnten uns alles kaufen. So wie die Piraten, die hatten doch auch immer ganz viel Gold an Bord.“ „Da kommt mir eine Idee“, sagte Storchi ganz aufgeregt. „Wir fahren an den See.“ „Au jaaaa!“, freute sich Frido. „Das machen wir, mit einem Boot werden wir den See überqueren und dann kehren wir mit einem großen Sack voller Gold zurück. Das wird ein Abenteuer!“

Die beiden packten ihren Picknickkorb zusammen und machten sich auf den Weg. Allein die Reise mit dem Bus war für Frido schon ein großer Spaß. „Uiiiiii, wie der Bus hin und her schaukelt“, freute er sich. „Das ist ja wie in einem Karussell.“ Storchi hingegen fand das gar nicht witzig. Sie musste sich fast übergeben und setzte sich sicherheitshalber ganz nach vorne. „Oje, hoffentlich schaukelt das Boot auf dem See nicht so sehr“, dachte sie ganz besorgt.

Storchi hatte Glück! Es gab zwar ein paar Wellen auf dem See, aber es war nicht so schlimm wie das Schaukeln des Busses. Während die beiden ruderten, wurde Frido plötzlich ganz nachdenklich: „Ich frage mich die ganze Zeit, wie wir an das Gold kommen sollen? Wie machen das nur die Piraten, wenn sie auf hoher See sind? Ich sehe hier weit und breit kein Gold.“ Frido dachte weiter nach: „Mmhhh, oder liegt es im Wasser und wir müssen nur danach tauchen?“ Storchi schaute Frido ganz ungläubig an und sagte: „Da kannst du lange tauchen! Ich kann dir sagen, wie die Piraten an ihr Gold kommen, sie überfallen andere Schiffe und klauen es ihnen weg!“ „Wwwwaas“, stotterte Frido, „damit habe ich nicht gerechnet. Heißt das etwa, dass wir ein anderes Boot überfallen müssen?“ „Naja, ich glaube darum wirst du nicht herumkommen, wenn du mir beweisen möchtest, dass du ein richtiger Pirat bist.“, schmunzelte Storchi. „Mmhhh, ich weiß nicht“, murmelte Frido vor sich hin, „ich glaube, auf diesen Schreck brauch ich erstmal eine Stärkung.“

Sie paddelten ans Ufer und machten es sich auf ihrer großen Picknickdecke gemütlich. Während sie heißen Kakao tranken und ihre selbstgemachten Haferkekse aßen, beobachteten sie wie ein Mann in der Nähe des Ufers etwas aufbaute. „Schau mal, was macht der da?“, flüsterte Frido. „Der baut ein Teleskop auf“, flüsterte Storchi zurück. „Ein Tele…was?“ „Mit einem Teleskop kann man ganz weit in den Himmel schauen, sogar bis zu den Sternen.“ „Oohhh!“, staunte Frido, „ich würde auch so gerne mal bis zu den Sternen schauen. Soll ich den Mann fragen, ob wir mal hineinschauen dürfen?“ „Au jaaa!“, freute sich Storchi. „Würdest du das machen?“ „Ich würde schon fragen wollen“, murmelte Frido, „aber wir dürfen doch keinen Kontakt zu anderen haben, du weißt doch – das Corona Virus!“ „Ach ja!“, antwortete Storchi, „das habe ich schon wieder ganz vergessen. Aber ich finde, dass Bis-zu-den-Sternen-schauen schon eine wichtige Sache ist. Also wenn du den 2 Meter Abstand einhältst, kannst du doch ruhig fragen.“

Daraufhin beobachtete Storchi, wie sich Frido dem Mann ganz vorsichtig näherte. Er hielt 2 Meter Abstand und sie konnte sehen, wie sie anfingen, miteinander zu reden. Kurze Zeit später kehrte Frido zurück und trug ein breites Grinsen auf seinem Schnabel: „Wir haben dieses Teledings die ganze Nacht für uns alleine. Der Mann sagte, es sei allerhöchste Zeit für uns, dass wir mal bis zu den Sternen schauen.“ „Oohhh, das ist ja großartig!“, freute sich Storchi. „Das wird ein Abenteuer.”

Es dauerte nicht mehr lange, bis es dunkel wurde. Die ersten Sterne funkelten schon am Himmel. „Ich finde, die Sterne sehen von hier unten aus wie Goldstücke“, freute sich Frido. Storchi hörte ihm schon gar nicht mehr zu, denn sie war tief in ihren Gedanken versunken. Dabei murmelte sie die ganze Zeit: „Ob das wohl stimmt? Ob das wohl stimmt? Ob das wohl wirklich stimmt? „Storchi!“, rief Frido ganz laut. „Was murmelst du da die ganze Zeit vor dich hin? Ob was wohl stimmt?“ „Ich bin so aufgeregt, Frido! Ich habe mal gehört, dass jeder Stern zu einem Kind auf dieser Erde gehört. Und auf jedem Stern lebt ein Engel, der dieses Kind beschützt.“ „Davon steht zwar nichts in dem Sterne-Buch, das der Mann uns dagelassen hat, aber das ist doch wunderbar!“, staunte Frido. „Und wie ist es mit den Erwachsenen? Haben die etwa keinen Sternenengel? Gerade jetzt in der Corona Zeit haben die Erwachsenen einen Engel doch viel nötiger. Du weißt schon, wegen der Risikogruppe.“ „Naja, die Erwachsenen waren auch mal Kinder, also haben sie natürlich einen Sternenengel“, antwortete Storchi. „Puuhhh, zum Glück!“ sagte Frido. Dann fragte er noch: „Aber, wie ist es wohl mit Flamingos und Störchen? „Eben deshalb bin ich doch so aufgeregt“, stotterte Storchi. „Das weiß ich nicht, aber ich habe immer ganz fest daran geglaubt, dass es auch für uns so ist.“ „Ok, und jetzt hast du also Angst, dass wenn du in dieses Teledings da schaust …“

Storchi hörte Frido schon gar nicht mehr zu, sondern blinzelte mit einem Auge in das Teleskop hinein und gab keinen Ton mehr von sich. Frido wurde ganz ungeduldig und fing an zu drängeln: „Und? Stimmt es? Haben wir auch einen Sternenengel? Los, jetzt lass mich doch auch mal gucken!“ Aber Storchi reagierte nicht. Sie schaute einfach nur weiter in den Himmel, bis sie plötzlich aus dem Staunen nicht mehr herauskam. „Jaaa, es stimmt tatsächlich. Wir haben auch einen Sternenengel? Und weißt du was? Unsere beiden Sterne sind ganz nah beieinander.“

Jetzt brachte auch Frido keinen Ton mehr heraus. Er spürte nur, wie sich seine Federn sanft aufstellten, von der Gänsehaut, die er bekam…

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